Dogwash

Ein Blog über dies und das und andere Nebensächlichkeiten...

Blick von oben – Freitag, 26.7.

Noch ein strahlend schöner Tag mehr in Südisland :-). So entschlossen wir uns spontan den Morgen bis zur Abfahrt des Busses nach Höfn für einen Rundflug von Skaftafell über den Vatnajökull zum Grimsvötn zu nutzen. Grimsvötn ist der Ursprung des grossen Gletscherlaufes von 1996. Auf dem Flug sahen wir Teile unserer Tour, die wir vor ein paar Tagen zu Fuss zurückgelegt hatten, von oben ein 2. Mal. Hier ein paar Bilder vom Flug:

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Svinafellsjökull, im Hintergrund Öræfajökull mit Hvannadalsnúkur und links die Hrútfjallstindar

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Skaftafellheiði rechts unten, dahinter das Morsádalur

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Die Saftafellsfjöll mit dem Blátindur im Vordergrund, dahinter der Öræfajökull

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Grimsvötn von Westen

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Grimsvötn von Osten

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Anflug auf den Grænalón

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Grænalón von Norden

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Blick nach Westen mit der Schwemmebene des Grænalóns in der Bildmitte, Hintergrund: in der Mitte die Hágöngur, links davon der Siðujökull

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Abfluss des Grænalons mit Grænafjall hinter dem See

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Blick nach Osten über den Skeiðarájökull auf die Skaftafellsfjöll, irgendwo da unten sind wir übers Eis gegangen

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Die Überreste der Skeiðará mäandrieren über den Skeiðarársandur dem Atlantik entgegen

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Svinafells- und Skaftafellsjökull, dazwischen der Hafrafell

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Anflug zur Landung mit der Skaftafellsheiði in der Bildmitte, rechts die Skaftafellsá

Der letzte Teil – Donnerstag, 25.7.

Um 6:30 Uhr läutet der Wecker und wir schälen uns tatsächlich kaum 5 Minuten später aus den Schlafsäcken. Es geht doch! Der Himmel hat sich über Nacht wieder aufgeklärt. Nur an den Berggipfeln hat es noch letzte Wolkenreste. Doch auch diese lösen sich im Laufe des Morgens auf. Die Orientierung wird uns also, nicht wie gestern Abend befürchtet, zusätzlich erschwert. Trotz eines leichten Windes aus Süden ist es nicht besonders kalt.
Wie geplant sind wir am 8 Uhr startklar. Damit sollten wir genügend Zeit haben rechtzeitig unten an der Ringstrasse zu sein um den Bus, der um 15 Uhr Kirkjubæjarklaustur in Richtung Skaftafell verlässt, zu ereichen. Schon nach ein paar hundert Meter müssen wir einen Bach queren. Von Stein zu Stein hüpfend geht das aber problemlos. Gleich darauf folgt die erste kurze Steigung auf einen Pass, der uns ins Álftárdalur führt. Die Aussicht vom Pass ins breite grüne Tal ist grossartig und in gut 4 km Entfernung ist bereits der nächste Anstieg zum Hólmur zu erkennen. Der Weg sich zieht dann mehr als erwartet, denn der Untergrund ist meist sehr weich bis sumpfig und daher anstrengend zum Gehen. Zusätzlich hat es auch noch ein paar Bäche, die wir durchwaten müssen. Dies geht aber in allen Fällen ohne Schuhwechsel. Nach einer guten Stunde verlassen wir dann das Álftárdalur wieder. Dazu müssen wir einen grösseren Bach queren. Raimund schmeisst Steine ins Wasser und kommt von Stein zu Stein springend trockenen Fusses ans andere Ufer. Ich scheue das Risiko und ziehe mir die ‚Badelatschen‘ an. Meine Füssen danken mir die Erfrischung. Danach gehts ziemlich steil auf die erste Anhöhe des Hólmurs hinauf. Über ein Plateau auf der Ostseite dieses Bergzuges führt dann der weitere Weg nach Süden. Schon bald gehts aber über eine Schutthalde wieder steil bergab zu den nächsten 3 Furten. Die erste schaffen wir knapp ohne Schuhwechsel. Dann stehen wir vor einer Schlucht, die wir in einem Bogen nach Osten umgehen müssen. Nummer 3 ist dann nur ein Bächlein, lädt dafür aber zur Mittagsrast ein. Inzwischen ist es bereits kurz nach 12 Uhr. Wir sind gut im Plan um rechtzeitig an der Ringstrasse unten zu sein. So legen wir uns nach dem Essen noch für eine halbe Stunde in die warme Sonne.
Um 13 Uhr brechen wir wieder auf. Wir müssen nach südwesten auf den Rücken der Rauðabergsheiði hinüberwechseln. Nach ein paar Minuten stehen wir am Rand eines Plateaus. Da müssen wir jetzt irgendwie runter, sonst müssten wir nochmals eines gutes Stück zurückgehen. Ringsum hats aber nur Felswände. Da auf den isländischer 50’000er Karten keine Felsen eingezeichnet sind, war das so nicht zu erkennen. Nach ein bischen Suchen finden wir ein steiles mit Steinen durchsetztes Grasband, das in eine Schutthalde übergeht. Mit ein bischen Kraxlerei kommen wir hinunter. Dafür steht uns nun noch ein zusätzlicher Aufstieg bevor. So brauchen wir für die Querung zum Rücken anstatt etwa 20 gute 50 Minuten. Die Zeit um den Bus zu erwischen wird nun doch langsam knapp. Die nächsten 4 km die Rauðabergsheiði hinab legen wir beinahe rennend zurück. Für die Schönheiten der Natur haben wir so natürlich keine Augen mehr. Als wir dann kurz vor dem Ziel in der Eile doch noch einen falschen Hügelzug erwischen und deshalb nochmals bergauf zurücksteigen müssen, ist es heute endgültig zu spät für den Bus. Das angeschlagene Tempo behalten wir aber bei, denn wir möchten möglichst rasch unten an der Ringstrasse sein. Schon bald stehen wir dann an der letzten Hangkante und schauen auf die verlassene Rauðabergsmúli gut 100 m unter uns hinab. Fünf Minuten später stehen wir um 15:45 Uhr nach 19,8 km unten an der Ringstrasse. Wir sind glücklich und stolz, dass wir von der Tour erfolgreich undvor allem gesund zurück in der Zivilisation sind. Nur den Bus haben wir leider um eine knappe halbe Stunde verpasst.
Wir entschliessen uns, dass wir versuchen wollen heute per Autstopp nach Kirkjubæjarklaustur zu kommen und dann morgen mit dem Bus zurück nach Skaftafell und weiter nach Höfn fahren wollen. Nur 2 verdreckte bärtige Männer will anscheinend niemand als Mitfahrer. Nach einer guten halben Stunde gehen wir zum in der Nähe gelegenen Rastplatz an der Djupá und hoffen dort auf mehr Glück. Raimund entdeckt dort dann auch prompt einen Camper mit österreichischen Kontrollschildern. Er spricht seine Landsleute an. Worauf uns Monika und Kurt nicht nur eine Mitfahrgelegenheit nach Skaftafell anbieten sondern uns auch noch zum Essen unter freiem Himmel mit Tischdecke und isländischem Leichtbier einladen. Vielen Dank! Ein besonderes Dankschön an Kurt für sein feines ‚freestyle‘ Couscous mit Gemüse! Zurück in Skaftafell sitzen wir dann noch bei schönstem Sonnenschein mit Monika und Kurt zusammen eine Weile im Kaffee.
Resümee: …

Weitere Bilder von der Tour folgen sobald wie möglich.

Der sandige Teil, Mittwoch, 24.7.

Raimunds Wecker läutet wie abgemacht um 6:30 Uhr. Bis wir dann aber ernsthaft ans aufstehen denken ist es bereits 8:15 Uhr. So wichtig ist das aber auch wieder nicht, denn es stehen heute keine grösseren Furten auf dem Programm. Wir wollen einfach so weit kommen, dass wir morgen bis um 15 Uhr die Ringstrasse erreichen können. Der Himmel ist weiterhin strahlend blau und aus Nordost bläst immer noch der gleiche starke Wind, wie in dem letzten Tagen. Zum Glück haben wir ihn meist genau im Rücken. So stört er nicht gross.
Um 10 Uhr gehts dann gleich in den ‚Badelatschen‘ los, denn die erste Furt ist ja keine 100 m entfernt, also gleich um die Ecke. Die Mið-Bergvatnsá stellt, wie bereits gestern festgestellt, kein ernsthaftes Hindernis dar. Zudem der Pegel, wie wir an unserem gestern Abend ausgelegten Stein feststellen können, um gut 15 cm zurückgegangen ist. Mit trockenen Füssen und in den Wanderschuhen gehts dann gleich bergauf. Wir wechseln in südwestlicher Richtung ins Tal der Vestri-Bergvatnsá, dem sogenannten Beinadalur. Vor dem Hauptarm steht uns noch ein Nebenarm im Weg. Dieser ist sieht zwar völlig harmlos aus, ist aber doch so breit und tief, dass ein Schuhwechsel nötig wird. Danach queren wir gleich in Unterhosen und Sandalen (zum Glück sieht uns hier niemand ;-)) ein kleines Lavafeld hinüber zum Hauptarm. Dieser führt zumindest zur Zeit viel mehr Wasser als die Mið-Bergvatnsá, ist aber trotzdem noch problemlos zu furten.
Nach einer kurzen Pause gehen wir nun in westlicher Richtung weiter. Ein Pass führt in das nächste Tal, den Langagil. Im Aufstieg stehen wir dann plötzlich vor einer tiefen Schlucht, die auf der Karte so nicht zu erkennen war. Eine Umgehung erscheint uns zu weit. Nach kurzer Suche finden wir zum Glück ein Schneefeld, auf dem wir hinunter und über den Bach kommen. Auf der anderen Seite führt ein steiles Geröllfeld aus der Schlucht hinaus. Je mehr wir uns dem Pass nähern desto sandiger wird der Untergrund. Immer grössere Flächen sind nun völlig vegetationslos. Da im Laufe des Tages der Wind immer stärker geworden ist, werden wir nun immer wieder von Staubwolken eingehüllt. Manchmal wähnt man sich fast in einem Sandsturm. Vom Pass aus sehen wir, dass über dem Langagil eine riesige Staubwolke hängt. So entscheiden wir hier hinter einer Kuppe Mittagsrast zu machen. Gleich daneben fliesst auch ein Bächlein. So haben wir ja neben Windschutz auch gleich noch frisches Wasser — meinen wir zumindest. Der vermeintliche Windschutz taugt überhaupt nichts und das Wasser stellt sich als mit Sand und Algen versetzt heraus. Wir taxieren es als nur im Notfall trinkbar. Aber wir haben ja noch genug Wasser dabei. So muss Raimund auch nicht heute auf seine tägliche Mittagssuppe verzichten. Ich ziehe es vor mich rein ‚trocken‘ zu verpflegen. Nach dem Essen machen wir eine kurze Siesta, denn es ist, trotz des immer noch starken Windes, in der Sonne angenehm war. Wenn nur der ständige feine Sand in den Augen und zwischen den Zähnen nicht wäre. Es ist fast noch schlimmer als der sandige Zeltplatz von vorgestern Nacht. Während dem Abstieg zum Langagil lässt der starke Wind rasch nach. Nun wirbeln nur noch von Zeit zu Zeit einzelne Windböen Sand auf. So ist das Gehen wieder viel angenehmer. Nachdem es für ein paar Minuten überhaupt nicht mehr gewindet hat, bläst uns plotzlich ein kühler Wind aus Süden ins Gesicht. Die Windrichtung hat sich innert kurzer Zeit gedreht. Nach zirka 2 km verengt sich das breite Tal des Langagils zu einer unbegehbaren Schlucht. Diese muss über den südostseitigen Berghang umgangen werden. Erneut stehen wir unvermittlet vor einer steilen Schlucht. Auch diese ist auf der Karte nicht als solche zu erkennen. Wir sehen zwar überraschenderweise Fussspuren, können aber vorerst nicht herausfinden wo sie hinführen. Nach kurzer Suche finden wir eine steile Schutthalde, bis zum Bachbett hinunter begehbar ist. Mitten im Hang treffen wir auch wieder auf vereinzelte Fussspuren. Also scheinen wir richtig zu sein. Unten angekommen sind zwei Bäche zu furten. Für die Füsse ist die Abkühlung im kalten Wasser eine Wohltat. Auf der Karte ist allerdings nur ein Bach eingezeichnet. Wir sind verwirrt. Wir sind zweifellos auf dem richtigen Weg, haben aber keine Ahnung wie wir aus der Schlucht zur Djupá, einem der Hauptabflüsse des Siðujökulls, hinüberkommen. Nach einer längeren Suchaktion kommen wir zum Schluss, dass wir nur über eine sehr steile, zirka 50 m hohen Grashalde hinauskommen. Der Aufstieg ist eine richtige Plackerei. Oben angekommen merken wir aber sofort, dass sich die Anstrengung
gelohnt hat. Wir haben den richtigen Hügelrücken erwischt. Hier können wir zur Djupá hinüberqueren. Schon von weitem hört man den tosenden Gletscherfluss und kurze Zeit später können wir ihn auch sehen. Für heute haben wir alle bekannten und unbekannten Schlüsselstellen hinter uns.

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Es ist geschafft. Vom Bergrücken können wir in das Tal der Djupá hinunterschauen.

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Blick nach Nordwesten: im Hintergrund rechts die Hágöngur, links der Siðujökull

Hinter der Djupá breitet sich der Siðujökull aus, auf dem wir im letzten Jahr drei Nächte im Sturm verbracht haben. Nun haben wir noch gut 4 km entlang der Djupá bis zum ins Auge gefassten Zeltplatz vor uns. Dies wird zunehmend zu einer Überwindungssache, denn der Tag hinterlässt mehr und mehr seine Spuren. Von Süden her kommen plötzlich einzelne Nebelschwaden das Tal der Djupá herauf. Die Orientierung wird dadurch schwieriger. Die Momente mit guter Sicht reichen aber um problemlos weiterzukommen. Kurz vor dem Ziel müssen wir nochmals auf einen Bergrücken ausweichen, da das aktuelle Flussbett der Djuá ganz nahe am östlichen Talrand verläuft. Zuletzt stehen wir unverhofft an einer letzten Furt. Gleich in den Sandalen gehen wir noch 150 m bis zum Zeltplatz. Heute haben wir 19,7 km zurückgelegt.
Kurz nach 20 Uhr steht das Zelt, danach gibts das Nachtessen. Ein paar hundert Meter unter uns steht eine Nebelwand, die von der Küste heraufdrückt. Das sieht toll aus. Zeitweise steigt der Nebel bis zu uns herauf und hüllt alles in einen weissen Schleier ein. Ein paar Minuten später ist der Nebel jeweils wieder weg und die Sicht klar. Nach einem Kaffee gönnen wir uns noch einen Blick auf die Djupá, die sich kaum 50 m neben unserem Zelt durch eine enge Schlucht zwängt. Raimund will gleich wieder furten, ich bin von diesem Spektakel einfach nur fasziniert. Um 22 Uhr ist dann ‚Lichterlöschen‘. Morgen müssen wir wirklich früh raus. 😉

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Eine Wolkenwand schiebt sich von der Küstenregion das Tal der Djupá herauf

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Das Panorama von unserem Zeltplatz aus in Richtung Nordost

Der nasse Teil – Dienstag, 23.7.

Gegen 9 Uhr entscheiden wir uns, dass es Zeit fürs Frühstück ist. Es gibt wie immer: Müesli mit Milchpulver und einen Fertigcacao. In der Nacht war es vorübergend windstill. Nun bläst er aber bei schönem Wetter wieder unvermindert stark aus dem Norden. Man bleibt am besten im Zelt. So sind wir vor so gut wie möglich vor dem Sand geschützt. Aber man gewöhnt sich irgendwie daran. Oder wird man einfach nur apathisch?
Um 10:45 Uhr ist alles wieder zusammengepackt und wir gehen los. Als besondere Herausforderung steht heute die Furt über den Zufluss des Grænalóns auf dem Programm. 🙂 Zuerst haben wir die blendende Idee gleich in südwestlicher Richtung die Schwemmebene zu überqueren. Grosser Irrtum! Schon nach wenigen Schritten gehen wir über etwas, das sich wie Quicksand anfühlt. Also schnellstens zurück um die Ebene nach Westen zu umgehen. Trotzdem schaffe ich es noch bei der wahrscheinlich letzten Gelegenheit mit beiden Beinen im Schlamm stecken zu bleiben und die Schuhe und ein Teil der Hosenbeine vollständig einzudrecken. Am nächsten Bächlein ist daher zuerst mal eine grössere Reinigung angesagt.
Auf dem weiteren Weg steigen wir dann in höhere Gebiete des ehemaligen Seegrundes auf und gehen am Fuss des Grænfjalls entlang über riesige Schotterflächen, die durch kurze steile Geröllhalden miteinander verbunden sind. Immer wieder kommen an mehr oder weniger auffälligen Toteislöchern vorbei. Man tut gut daran das Betreten solcher Stellen zu vermeiden, denn man weiss nie wie gross der vom Sand zugedeckte Eisblock schon abgeschmolzen ist. Eventuell hats darunter nur noch grosses Loch. 🙁

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Schotterflächen des ehemaligen Grundes des Grænalóns

Um ca. 13 Uhr stehen wir dann plötzlich an einer Hangkante und erblicken etwa 50 Höhenmeter unter uns den Zufluss des Grænalóns. Graubraune Wassermassen bewegen sich ziemlich schnell in Richtung See. Von oben suchen eine geeignete Furtstelle. Dies erweist sich als nicht so einfach. Etwa 300 m südöstlich von uns, wo der Fluss eine leichte S-Kurve macht, wollen wir es versuchen. Wir steigen die steile Böschung hinunter um zu sehen was uns dort erwartet. Unten angkommen macht sich Raimund bereit für eine Testfurt ohne Gepäck: Hose aus-, Neoprensocken und Sandalen anziehen und Trekkingstöcke auf lang stellen. Los gehts! Schon vor der Flussmitte muss er aber wieder umkehren, zu tief und zu reissend. Der direkte Weg geht alsonicht. Es ist auch nicht die beste Idee eine grösseren Gletscherfluss erst zur Mittagszeit furten zu wollen. Trotzdem scheint uns die Stelle für die Furt geeignet und wir suchen nach alternativen Wegen. Über die Breite des Flusses verteilt hat es ein paar Schotterinseln. Von Insel zu Insel, das ist zwar ein weiter Weg, auf jeden Fall einen Versuch wert. Raimund stürzt sich wiederum uns Wasser und kommt dieses auch mal wohlvehalten auf der anderen Seite an. Ich filme ihn dabei. Nun muss er nur wieder zurück um seinen Rucksack zu holen und dann zum letzten Mal den Fluss zu queren. Zuletzt mache auch ich auf den Weg. Schon bald stehe ich bis zu den Knieen im Wasser und die Strömung ist ziemlich stark. Langsam taste ich mich von Insel zu Insel voran. Noch ein letzte tiefe Stelle vor dem Ufer. Dann bin auch ich drüben. Neoprensocken zum Furten können in Island wirklich nur empfohlen werden. Raimund behauptet auch nach 5 Flussdurchquerungen im vielleicht knapp 2 Grad warmen Wasser im noch keine kalten Füsse zu haben. Nun machen wir zuerst einmal eine längere Mittagspause mit einer heissen Suppe. Der Wind bläst zwar immer noch, aber in der Sonne ist es angenehm warm. Ab und zu können wir beobachten wie sich am gegeüberliegenden Prallhang eine Schuttlawine löst und in den Fluss abrutscht. Das löst jeweils im eine grössere Flutwelle aus. Nur gut das sowas nicht passiert während wir den Fluss querten.

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Blick vom Rastplatz nach nordost über den Seegrund auf den Grænafjall.

Gut eine Stunde später gehen wir weiter. Wir wollen heute noch mindestens bis zur nächsten Furt an der Mið-Bergvatnsá. Dieser Gletscherfluss soll laut Berichten immer relativ viel Wasser haben. Wir glauben daher nicht, dass wir am späteren Nachmittag noch über den Fluss kommen. Gleich geht es wieder rund 200 m in südwestlicher Richtung hinauf auf einen Pass. Oben angekommen sehen wir in der Ferne bereits die Mið-Bergvatnsá. Von weitem sieht sie gar nicht so schlimm und Raimund ist sicher, dass man sie auch zu dieser Zeit noch hinüber kommt. Wir fassen daher ins Auge nach der Furt eventuell noch weitet zu gehen. Kurz vor der Mið-Bergvatnsá ist noch ein Quellwasserbach zu durchwaten. Das dahinter liegende Lavafeld gefällt uns so gut, dass wir um 18 Uhr das Tagwerk spontan als beendet erklären. Nachdem das Zelt aufgebaut ist kann es Raimund nicht lassen eine Testfurt durch die Mið-Bergvatnsá zu machen. Da kommt man tatsächlich zur Zeit auch Abend noch problemlos durch. Am Schluss legt er noch einen Stein ans Ufer. So können wir morgen messen um wieviel der Pegel über Nacht gesunken ist. Zurück beim Zelt gibts zum ersten Mal auf dieser eine etwas gründlichere Köperwäsche. Danach Nachtessen und vor dem Schlafen noch einen Kaffee und etwas lesen. Der Wind bläst immer nich unvermindert stark. Zum Glück ist hier der Sand nich ganz so fein wie gestern und zumindest teilweise mit Vegetation bedeckt. So sandet es nicht so stark.

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Ausblick von unserem Zeltplatz nach Westen über das Lavafeld, im Hintergrund die Hágöngur und der Vatnajökull

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Ausschnitt aus der 50’000er Karte mit dem Grænalón (Ausgabejahr: 1990). Eingezeichnet sind: die Stelle, an der wir den Gletscher verliessen (Gl2, an dieser Stelle ist das Eis heute rund 25 m tiefer), unser Zeltplatz vom Vortag (Camp, wir schliefen mitten im See) und die Furtstelle des Grænalón-Zuflusses (Furt1, diese liegt mitten im ehemaligen See)

Der eisige Teil – Montag, 22.7.

Gegen 9 Uhr wirds langsam zu heiss im Schlafsack. Die Sonne hat unser Zelt schon zu fest aufgeheizt. Da hilft auch das Öffnen der Türen nichts mehr. Also raus aus der Sauna. Der Himmel ist strahlend blau und es ist praktisch windstill. Raimund ist bereits auf eine Erkundungstour der Umgebung aufgebrochen. Das mache ich nun auch, ringsum atemberaubende Tiefsicht auf den Gletscher. Zurück beim Zelt gibts Frühstück. Da inzwischen ein paar Wolken aufgezogen sind, verwerfen wir die Idee auf die nächste Krete aufzusteigen (Von dort oben hätte man sicher eine tolle Aussicht nach Süden über den unteren Teil des Skeiðarárjökulls gehabt.) und packen zusammen.
Kurz vor Mittag sind wir startbereit. Zuerst gehts in mehreren Stufen über Geröllhalden zum Gletscherrand hinunter. Auf den Gletscher kommen wir leicht, da in diesem Bereich das Eis bis an den Fels reicht. Unser Tagesziel, der Grænalón liegt in nordwestlicher Richtung auf der gegenüberliegenden Seite des Skeiðarárjökulls. In Luftlinie sind das knapp 14 km. Zuerst gehen wir aber ziemlich genau nach Westen, denn wir wollen den berühmten Schwarzwald (ein unübersichtliches Gewirr von Ablationskegeln etwa in der Mitte der Gletscherzunge) möglichst weit südlich umgehen, wo er nicht ganz so dicht ist.
Das Eis ist auf dieser Route leicht zu gehen und wir kommen nur an wenigen vereinzelten Ablationskegeln vorbei. Dafür müssen wir ein paar reissende Bachläufe überspringen. Geeignete Stellen für die Überquerung zu finden erfordert immer wieder zum Teil grössere Umwege. Die Sprünge sind mit dem Rucksack gar nicht immer so einfach. Meist reichen jedoch das Einschlagen der Trekkingstöcke ins Eis und ein beherzter Sprung. Einmal muss ich aber Raimund meinen Rucksack von Hand hinüber werfen bevor ich den Sprung riskiere. Inzwischen sind ein paar Wolken mehr an Himmel aufgetaucht und ein starker eisiger Wind, der aus Norden über den Gletscher pfeift, hat eingesetzt. Es ist empfindlich kalt geworden.
Nach dem Mittagshalt, natürlich im windschatten einer riesigen schwarzen Tanne (sprich Ablationskegel), kommen wir im letzten Drittel der Querung in eine Spaltenzone. Das Spaltenlabyrinth erfordert viele lange Umwege um einen geeigneten Weg zu finden. Teilweise sind wir gezwungen ziemlich ausgesetzt den tiefen Spalten entlang zu gehen. Wir entschliessen uns die Steigeisen zu montieren. Nun fühlen wir uns wieder sicherer beim Gehen. Da wir nach der fast nicht mehr endenwollenden Spaltenzone etwas tief sind, entschliessen wir uns nicht über den Grænafjall den Gletscher zu verlassen, sondern direkt hinunter zur nordöstlichen Ecke des Grænalóns zu gehen. Das ist nicht weiter schwierig, aber langsam haben wir die Nase gestrichen voll vom Gletscher. Runter kommen wir leicht vom Gletscher, da hier das Eis direkt in die relativ gut zu begehende Seitenmoräne übergeht. Jetzt haben wir haben die bizzare Gletscherwelt endgültig hinter uns gelassen.
Kurz darauf sehen wir auch endlich den Grænalón. Er ist zwar gegenüber seiner Grösse auf der Karte (Ausgabedatum: 1979) praktisch zu einer kläglichen Pfütze geschrumpft, aber immer noch sehr eindrücklich. Der imposante Eiswall des Skeiðararjökull staut den See auf, in seinem graubraunen Wasser treiben leider nur ein paar kleinere Eisblöcke.
Nun steht uns noch der beschwerliche Weg entlang des Sees über Moränenwälle und Schutthalden zu einem geeigneten Zeltplatz mit Wasser bevor. Gegen 20 Uhr haben wir nach knapp 17 zurückgelegten Kilometern einen geeigneten Platz gleich neben einem Bächlein mit Quellwasser gefunden. Sehr sandig ist es hier zwar aber etwas besseres hats in der näheren Umgebung nicht im Angebot. Als Entschädigung gibts vom nächsten Moränenhügel einen tollen Ausblick auf den See dazu. Da der Wind unverändert stark bläst, wird nach und nach alles eingesandet. Die garstigen Umweltbedingungen lassen uns nach dem Nachtessen ziemlich rasch im Zelt verschwinden. Es ist ein spezielles Gefühl tief im Wasser, knapp 40 m unter der ehemaligen Wasseroberfläche zu schlafen. Der Grænalón muss aber zeitweise noch viel höher gewesen sein, denn noch weit oben im Hang des Grænafjalls sind noch ehemalige Ufermarken zu sehen.

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Der Grænalón von unserem Zeltplatz aus

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Blick über den ehemaligen Grund des Grænalóns. Nun ist daraus ein riesige Schwemmfläche für seinen Zufluss geworden. Der gelbe Fleck ist unser Zelt.

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